Klimawandel, rückläufige Mitgliederzahlen und Gewalt gegenüber Einsatzkräften – der Feuerwehrmann oder die Feuerwehrfrau von heute hat es nicht leicht. Im Rahmen der Jahreshauptversammlung der Freiwilligen Feuerwehr Stadtoldendorf gab es deshalb neben vielen erfreulichen Neuigkeiten, wie Anschaffungen, Ehrungen und Beförderungen, in diesem Jahr insbesondere auch ernste Worte.
Rückläufige Mitgliederzahlen: 2017 verloren die Feuerwehren 53 Mitglieder
Samtgemeindeweit sank die Zahl der Mitglieder erstmals unter 600 – allein 2017 verloren die Feuerwehren in der Samtgemeinde Eschershausen-Stadtoldendorf 53 Mitglieder, rechnete Gemeindebrandmeister Frank Teiwes vor und belegte damit einmal mehr die Wichtigkeit die Arbeit der eigenen Nachwuchsabteilungen. Und auch in Stadtoldendorf ein ähnliches Bild, so der stellvertretende Ortsbrandmeister Michael Mundhenke: „Nur 49 Einwohnern aus der 5.700 Einwohner zählenden Stadt versehen ihren Dienst in der Ortsfeuerwehr“. Das sind nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung, die die Stadt bei Bränden, Unglücksfällen und Unwettern vor Schäden bewahren. Und die Zahl wird noch gravierend kleiner, denn unter den Aktiven gebe es nur 15 Personen, die ihren Arbeitsplatz in Stadtoldendorf haben und damit tagesverfügbar seien. Ein deutlicher Fingerzeig an die übrige Bevölkerung, sich auch im Ehrenamt im Dienst am Nächsten, eben bei der Feuerwehr zu engagieren. Informieren können sich Interessierte jederzeit oder aber auch zur Blaulichtmeile, die am 18. August 2018 wieder stattfinden wird.
Klimawandel ist eines der großen Themen der Zukunft
Insgesamt verfügt die Ortsfeuerwehr derzeit über 71 Aktive, bestehend aus Stadtoldendorfern und weiteren Mitgliedern von den Dörfern rund herum. Und diese mussten im vergangenen Jahr die insgesamt 104 Einsätze abarbeiten, stellte Ortsbrandmeister Jens Siebeneicher auf der Versammlung vor. Dabei war von der kleinen Ölspur oder Tragehilfe mit dem Hubrettungsfahrzeug alles dabei, bis hin zu Bränden und zahlreichen Unwettereinsätzen. Besonders letztere Einsatzszenarien nahmen in naher Vergangenheit stetig zu. 2017 war es das Tief „Alfred“, das allein in Stadtoldendorf für 31 Einsätze sorgte, Anfang 2018 folgte „Friederike“ mit 27 Alarmen. „Diese Ereignisse führen uns den Klimawandel vor Augen. Die Dringlichkeit zu Handeln ist da und sie erfordert den ernsthaften Umgang mit Fakten. Schon jetzt sind Änderungen von Klimaprozessen in allen Regionen der Welt zu beobachten“, so Siebeneicher. Und er stellte fest: „Wir werden uns wohl damit abfinden müssen, mehr Unwettereinsätze in den folgenden Jahren fahren zu müssen“. Im Sommer 2017 waren zum Unwetter „Alfred“ erstmals alle 23 Ortsfeuerwehren der Samtgemeinde zeitgleich im Einsatz, so hoch war das Einsatzaufkommen in der Samtgemeinde.
Ein neuer Einsatzleitwagen für die Ortsfeuerwehr und Highlights
Seine erste Bewährungsprobe Anfang des Jahres hatte der neu beschaffte Einsatzleitwagen ELW1 der Feuerwehr Stadtoldendorf bei den Unwettereinsätzen. Der ELW1 ist das Führungsfahrzeug der Feuerwehr und übernimmt im Einsatzfall Koordination, Dokumentation und die Leitung des Einsatzes. „Vielen Dank an Rat und Verwaltung sowie den Förderern und Unterstützern für diese vorausschauende Beschaffung“, so der Ortsbrandmeister. Im vergangenen Jahr gab es hierzu und natürlich auch zu anderen Themen wieder viel Aus- und Fortbildung in der Ortsfeuerwehr. Sehr aktiv waren unter anderem wieder das Team der Brandschutzerziehung sowie die Nachwuchsabteilungen. Eine Fahrt nach Frankreich in die Partnerstadt La Montagne ließ viele Freundschaften entstehen oder wieder aufleben.
Viel erlebt in der Kinderfeuerwehr, Jugendfeuerwehr und der Altersabteilung
Derzeit ist wieder Platz in den Reihen der Kinderfeuerwehr: Durch Austritte und Wechsel in die Jugendabteilung sind es derzeit nur 12 Kids im Alter von sechs bis zehn Jahren und damit genügend Platz für neue Interessierte, wie Leiterin Carmen Heller-Brandt erklärte. Viele spannende Themen, u.a. Unfallverhütung auf spielerische Art und Weise, ein Seminar für Kinder unter dem Namen „Grenzen setzen und Selbstbewusstsein stärken“ waren Highlights des vergangenen Jahres. Auch ein Schwimmwettbewerb, das Experimentieren an verschiedenen Stationen, Basteln, Spieletage oder der Schützenfestumzug gehörten dazu.
30 Mitglieder stark ist derzeit die Jugendfeuerwehr, die ebenfalls 2017 viel erlebt hat. Von 71 Diensten konnte Jugendwart Enno Walter berichten, darunter unter anderem über ein großes Kreiszeltlager in Zichtau (Sachsen-Anhalt) mit etwa 250 Teilnehmern und vielen Erlebnissen und Programmpunkten. Höhepunkte waren ebenfalls die Kreiswettbewerbe in Bevern mit Staffellauf und Löschübung, das Jahrestreffen der befreundeten Jugendabteilungen aus Stadtoldendorf und Hondelage, die gut besuchte Ferienpassaktion und das Erreichen der Abzeichen Jugendflamme I und II für einige Jugendlichen.
22 Kameraden groß ist derzeit die Alters- und Ehrenabteilung, die im Februar 2019 auf ihr 40-jähriges Bestehen zusteuert und ein Durchschnittsalter von 75 Jahren vorweisen kann. Aktivitäten wie das traditionelle Grünkohlessen, eine Tagesfahrt nach Scharnebeck zum Schiffshebewerk oder auch vor Ort im Natursteinwerk Helmer waren spannende Höhepunkte des vergangenen Jahres, wie Gruppenführer Klaus Henze mitteilte.
Viele Dankesworte in den Grußworten der Gäste
Gemeindebrandmeister Frank Teiwes berichtete über zahlreiche Anschaffungen auf Samtgemeindeebene und auch wieder über viel Aus- und Fortbildung, auch wenn ein deutlicher Mitgliederschwund einen spürbaren Ruck durch die Feuerwehren gemacht hat. 547 waren es am Jahresende, darunter 78 Frauen. Großes Lob richtete er an die Nachwuchsarbeit, die mit insgesamt zwei Kinder- (6 bis 10 Jahre) und drei Jugendfeuerwehren (10 bis 18 Jahre) in der Samtgemeinde sehr gut funktioniere und den Feuerwehren zumindest etwas Nachwuchs aus eigenen Reihen verschafft.
Hubertus Berhörster überbrachte als stellvertretender Bürgermeister die Grüße von Rat und Verwaltung und dankte der Feuerwehr für ihr Engagement. „Wir sind froh, dass wir die Feuerwehr haben. Ohne sie würde einiges nicht laufen und wir hätten ein großes Problem“, so Berhörster. Auch Dieter Helmer aus dem Feuerschutzausschuss im Samtgemeinderat bedankte sich bei den Ehrenamtlichen für das Jahr 2017.
Der stellvertretende Kreisbrandmeister Ralf Knocke überbrachte Grüße von Landkreis und Kreisfeuerwehrführung und berichtete von Neuigkeiten auf Kreisebene, unter anderem der Neugliederung der Bereitschaftszüge, der Erhöhung der Sandsackbestände und anstehenden Anschaffungen. In Stadtoldendorf soll das in die Jahre gekommene LF16TS demnächst ersetzt werden durch ein LF KatS.
In seinem Grußwort berichtete auch der Regierungsbrandmeister Wolfgang Brandt von Neuigkeiten aus dem Land Niedersachsen und dankte für die geleistete Arbeit. Auch bei zunehmender Technologisierung und Digitalisierung der Feuerwehr dürfe man nicht vergessen, dass immer auch der Mensch im Vordergrund stehe. „Was nützt uns die Technik, wenn ich kein Personal habe, sie zu bedienen“, so Brandt. Das Ehrenamt müsse allerdings in Zukunft noch stärker gewürdigt werden, Ansätze dazu sollen auch in das neue Brandschutzgesetz einfließen. Die aktuelle Bedrohungslage in Deutschland bereitet aber auch den Verantwortlichen Kopfzerbrechen. „Die Sicherheitslage hat sich seit Ende 2015 teils radikal geändert“, stellte Brandt fest. Es müssen daher Richtlinien festgelegt werden, wie man mit solchen Lagen umgeht. Auch Gewalt gegen Einsatzkräfte, wie etwa jüngst in der Silvesternacht, hat für ihn keinen Platz in der heutigen Welt. „Das sind Sachen, die gehen nicht“. Er fordert dazu Null Toleranz von Gerichten. „Diese Leute gehören weggesperrt“, so Brandt.