Idealismus, Fachkompetenz und Verlässlichkeit im Ehrenamt: Freiwillige Feuerwehr Stadtoldendorf feiert 150-jähriges Bestehen

Ein historischer Augenblick im Alten Rathaus in Stadtoldendorf: Auf den Tag genau 150 Jahre nach der offiziellen Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Stadtoldendorf am 06. Januar 1873 fand am vergangenen Freitag der Festakt und damit der offizielle Auftakt des diesjährigen Jubiläumsjahres statt.

Doch nicht nur das Datum, sondern auch der Veranstaltungsort waren bewusst gewählt worden. Nach seiner Fertigstellung 1875, zwei Jahre nach der Gründung der Feuerwehr, beherbergte das Alte Rathaus, das heute auf eine wechselhafte Geschichte zurückblicken kann, zunächst im Untergeschoss die Geräte der Feuerwehr und diente damit als erstes Gerätehaus. Erst einige Jahre später wurde ein größeres Spritzenhaus an der Stelle des heuten Rathauses gebaut und diente der Feuerwehr von da an viele Jahrzehnte als Unterkunft.

64 von den damals 2.206 Einwohnern traten der Feuerwehr bei

Zu ihrer Gründung im Saal des Ratskellers zählte man 1873 schon 64 eingetragene Mitglieder, die bereit waren, der Feuerwehr beizutreten. Doch reichte dieses nicht aus, um die anstehenden Aufgaben zu bewältigen, sodass man schon wenig später eine Pflichtfeuerwehr aufstellen musste, in der jeder Bürger bestimmten Alters verpflichtet war, seinen Dienst zu tun. Haus- und Wohnungsbesitzer hatten beispielsweise eine ausreichend lange Leiter, die bis zum Dach reichen musste, und Wassereimer bereit zu halten – wer dem nicht nach kam, konnte bestraft werden. Das ist heute doch alles etwas anders.

Leiter und Eimer gibt es längst nicht mehr verpflichtend, auch die heutigen Herausforderungen der Feuerwehr sind mit denen von früher fast kaum noch vergleichbar. Neben der Brandbekämpfung selbst sind es heutzutage vermehrt technische Hilfeleistungen, zu denen die Einsatzkräfte ausrücken müssen. Die Unterstützung des Rettungsdienstes beim Transport von Patienten, Verkehrsunfälle jeglicher Art und auch Ölspuren sind heute mehr und mehr an der Tagesordnung. Die Feuerwehr muss eben auf alle Szenarien zu jeder Tages- und Nachtzeit vorbereitet sein, einen möglichst hohen Ausbildungsstand haben und die für ihre Aufgaben ausreichenden technischen Hilfsmittel zur Hand haben. Sie muss mit Tragik und Leid klarkommen und auch den Tod akzeptieren. Sowohl von Unfallopfern, denen manchmal leider nicht mehr geholfen werden kann, als auch in den eigenen Reihen. Erst am Vormittag vor dem Festakt wurde mit dem ehemaligen Ortsbrandmeister Horst Stapel ein langjähriges Mitglied beerdigt – zu Beginn des Festaktes gab es für alle Verstorbenen eine Schweigeminute.

Doch nochmal zurück zu den notwendigen technischen Hilfsmitteln. Dieses zu gewährleisten ist Aufgabe von Verwaltung und Politik, die aber schon zur Gründungszeit stets nie ausreichende finanzielle Mittel dafür zur Verfügung hatten, das zumindest geht aus den historischen Unterlagen hervor. Doch auch wenn die Politik dann oftmals von „Wünschen“ der Feuerwehr spricht, brachte es am Abend Kreisbrandmeister Jens Heinemeyer auf den Punkt, in dem er sagte, „die Feuerwehr hat keine Wünsche, sondern sie hat Bedarf an wichtigem Gerät zur Menschenrettung“.

Bau eines neuen Feuerwehrhauses in Sichtweite?

Ein wichtiger Bedarf ist dabei aber nicht nur das technische Equipment selbst, sondern auch das in die Jahre gekommene Feuerwehrhaus der Ortsfeuerwehr steht aktuell im Fokus. Seit 1975 und damit seit fast 50 Jahren befindet sich der Standort der Feuerwehr in der Neuen Straße. Doch die Räumlichkeiten wurden mitnichten einst als Feuerwehrunterkunft konzipiert, sie sind die alten Werkshallen der Firma Linnenberg, die umgebaut und renoviert wurden. Der letzte Anbau, eine Fahrzeughalle, ist aus dem Jahr 2000. Längst sind Platzbedarfe, Normen sowie die Anforderungen an Sicherheit, Hygiene und Arbeitsschutz hier überholt, zudem liegen alle Gebäudeteile im Hochwasserschutzgebiet, was eine Erweiterung unmöglich macht.  Samtgemeindebürgermeister Wolfgang Anders konnte hierzu allerdings gute Neuigkeiten übermitteln und gab an, dass bereits vor gut einem Monat im Samtgemeindeausschuss der Beschluss gefasst wurde, die Verwaltung mit der Standortsuche für ein neues Feuerwehrgerätehaus und ein Planungsbüro mit einer Kostenkalkulation zu beauftragen. „Ich setze dabei auf unsere bewährte vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Ortskommando“, so der Verwaltungsleiter.

Gäste aus Verwaltung, Politik, Vereins- und Geschäftswelt sowie den Feuerwehren

Mit vielen geladenen Gästen aus Rat und Verwaltung, Gewerbe, Vereinen, Partnern und allen größeren Feuerwehren aus dem Landkreis verbrachten auch zahlreiche Feuerwehrangehörige der Ortsfeuerwehr ein paar gemütliche Stunden noch bis in den späten Abend hinein. Michael Mundhenke führte als stellvertretender Ortsbrandmeister durch den Abend, da Ortsbrandmeister Jens Siebeneicher durch eine Verletzung nicht an der Versammlung teilnehmen konnte. Er ließ es sich dennoch nicht nehmen, vertreten durch seine Ehefrau Carmen Siebeneicher, ein paar persönliche Worte an die Anwesenden zu richten, in denen er sich nicht nur für das jahrelange Engagement „seiner“ Mannschaft bedankte, sondern ihnen auch großen Respekt entgegenbrachte. Mundhenke und Siebeneicher stehen seit 2009 an der Spitze der Ortsfeuerwehr.

So nahm Michael Mundhenke die Anwesenden mit auf eine durchaus kurzweilige Reise durch die vergangenen Jahrzehnte und beleuchtete dabei Highlights wie auch Außergewöhnliches, Anekdoten sowie natürlich wichtige Meilensteine in der Geschichte der Feuerwehr. Darunter beispielsweise die Anfangs- und Kriegsjahre, die Gründung der Jugendfeuerwehr 1965, die der Alters- und Ehrenabteilung im Jahre 1981, im Jahre 1994 wurde mit der Feuerwehrkameradschaft der Förderverein ins Leben gerufen und die Gründung einer Kinderfeuerwehr gab es 2010 zu feiern. Schon 1992 gab es die erste Drehleiter für die Ortsfeuerwehr, seit 2014 ist es ein moderner Teleskopgelenkmast, wie er bislang nur selten bei Feuerwehren zu finden ist.

Rückblicke auf 150 Jahre „retten, löschen, bergen und schützen“

In einer Bildershow und auf vielen Stellwänden gab es zudem Eindrücke der letzten 150 Jahre zu sehen, aus dem eigenen Museumsarchiv sogar einige Requisiten, wie etwa einen alten Ledereimer aus dem 19. Jahrhundert oder eine historische Feuerwehruniform. Im Außenbereich vor dem Alten Rathaus stand sogar die liebevoll restaurierte Handruckspritze, die einst in Stadtoldendorf beim Feuerlöschen half. Auch die damalige Gründungsschrift gab es zu bestaunen, neben ihr viele weitere historische Dokumente, die man in Stadtoldendorf archiviert hat. Viele Fotos und Eindrücke konnten sich die Gäste aber auch mit nach Hause nehmen, unter anderem in Form eines Kalenders, den die Feuerwehr eigens für das Jubiläumsjahr aufgelegt hatte.

Über 90% der aktiven Mitglieder fingen in der Jugendfeuerwehr an

Heute sind es über 90 Prozent der aktiven Kameradinnen und Kameraden, die einst in der Jugendfeuerwehr ihre Feuerwehrkarriere begangen. Damit ist die Jugendarbeit ein elementarer Bestanteil der Arbeit innerhalb der Feuerwehr, in der ebenfalls ehrenamtlich tausende Stunden im Jahr geleistet werden. Die Kinderfeuerwehr tritt da in die gleichen Fußstapfen und erfreut sich in Stadtoldendorf ebenfalls großer Beliebtheit. Manchmal sind sogar ganze Familien Teil der Feuerwehr, verteilt auf die verschiedenen Abteilungen und betraut mit den unterschiedlichsten Aufgaben. Wer sich einmal selbst ein Bild davon machen möchte, kann dies an fast jedem Montagabend tun. Ab 19.30 Uhr finden dann nämlich die offiziellen Dienste der Feuerwehr Stadtoldendorf statt, zu denen jeder herzlich willkommen ist.

Neben den Diensten in der eigenen Ortsfeuerwehr mit ihren vielen Abteilungen gesellen sich aber auch noch viele weitere Engagements, etwa in der Ausbildung auf Kreisebene oder aber auch mit der aktiven Mitwirkung in der Kreisfeuerwehrbereitschaft, die in den vergangenen Jahren, auch mit Beteiligung aus Stadtoldendorf, gleich mehrfach überregional, zuletzt beim großen Hochwasser im Ahrtal, gefragt war.

Viele Grußworte, Geschenke und Glückwünsche zum Jubiläum

Die Liste der Grußworte war, wie man es zu einem 150. Geburtstag wohl erwarten dürfte, recht lang. Neben Samtgemeindebürgermeister und Stadtdirektor Wolfgang Anders, Bürgermeister Helmut Affelt und dem ehemaligen Ratsmitglied Hans-Dieter Steenbock gab es auch Glückwünsche und Worte von Lob und Anerkennung von Regierungsbrandmeister Dascho Wehner, Kreisbrandmeister Jens Heinemeyer sowie Gemeindebrandmeister Frank Teiwes. Ebenfalls Grüße und auch Geschenke gab es von den Nachbarwehren Eschershausen und Lenne, zudem einen finanziellen Zuschuss von der Öffentlichen Versicherung. Alle waren sich einig, dass sowohl die Feuerwehrleute selbst für ihren ehrenamtlichen und rund um die Uhr zu leistenden Einsatz große Anerkennung verdienen, aber auch die dahinterstehenden Familien, die dies ebenso ermöglichten.

„Allein die Anwesenheit von zwei Bürgermeistern zeigt die Wichtigkeit, die die Feuerwehr für die Stadt darstellt“, erklärte Bürgermeister Helmut Affelt. Er appellierte abermals an die Bürgerschaft, sich bei der Feuerwehr einzubringen. Die Feuerwehr sei ein leuchtendes Beispiel dafür, was Verantwortungsbereitschaft für das Gemeinwesen bedeute und was sie bewirke. Hans-Dieter Steenbock bezeichnete das Jubiläum als Meilenstein in der Geschichte der Stadtoldendorfer Feuerwehr und betitelte sie als „höchst verlässlichen Garanten für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger“.

Angriffe auf Einsatzkräfte war ebenfalls Thema

Die Vorkommnisse in der Silvesternacht, bei denen viele Einsatzkräfte angegriffen wurden, war ebenfalls Thema. Regierungsbrandmeister Dascho Wehner, der aus Stadtoldendorf kommt und hier in der Ortsfeuerwehr aktiv ist, berichtete zum einen darüber, aber auch über seine Anfänge in der Jugendfeuerwehr Stadtoldendorf, die für ihn als gebürtigen Bulgaren nach seiner Einwanderung den Anschluss an die hiesige Gesellschaft überhaupt erst ermöglichten.

Kreisbrandmeister Jens Heinemeyer lobte das vorbildliche Engagement in Stadtoldendorf, „die Menschen können sich hier zu jeder Stunde und Minute auf euch verlassen“, auch wenn diese „enorme Leistung von immer weniger Bürgern in unserer Gesellschaft geschätzt und anerkannt wird“. Er bedankte sich daneben auch für das jahrelange Engagement auf Kreisebene, „durch eure vorbildliche Unterstützung konnte vielen Menschen auch außerhalb des Landkreises ein bisschen Leid genommen werden“.

Von der Nachbarfeuerwehr aus Eschershausen gab es, überreicht durch Eschershausens Ortsbrandmeister Christian Puschendorf in Grillschürze, anstatt einem Zinnteller lieber eine Grillzange, verbunden mit der Einladung zu einem gemeinschaftlichen Grillen. „Auf gute Kameradschaft, schön dass es euch gibt und wir zusammen hier die Bude rocken dürfen“, so Puschendorf. Von Stadtoldendorfs „Zugpartner“, der Ortsfeuerwehr Lenne gab es ebenfalls Glückwünsche und einem Umschlag. „Wenn wir heute zu euch rüberfahren, fahren wir zu Freunden“, so Lennes Ortsbrandmeister Markus Glamm.

Viele Aktionen und eine Blaulichtmeile im Jubiläumsjahr geplant

Im laufenden Jahr will die Feuerwehr mit vielen Aktionen auf ihre wichtige Arbeit aufmerksam machen und am liebsten dabei auch viele neue aktive Mitglieder gewinnen. Am 19. August 2023 findet das Jubiläumsjahr mit einer großen Blaulichtmeile seinen Höhepunkt, wenn die Neue Straße rund um das Feuerwehraus wieder ganz im Zeichen von Brandschutz & Co. stehen soll. So soll jeder Bürgerin und jedem Bürger der Stadt 2023 Gelegenheit gegeben werden, sich ein Bild von „ihrer“ oder „seiner“ Feuerwehr zu machen – nun muss dieses Angebot nur noch angenommen werden.